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Leopoldo Retti

Leopoldo Retti ist der Namensgeber für unseren Förderverein. Die Würdigung seines Schaffens steht deshalb auch im Zentrum der Vereinsaktivitäten. Der Name Retti verpflichtet uns auch, uns für die bedeutenden Werke anderer Baumeister vor und nach dem 18. Jahrhundert einzusetzen.

Leben und Werk Hauptwerke Das Palais  

 

Leben und Werk

 

Der italienische Architekt Leopoldo Matteo Retti wurde vermutlich im Jahr 1704 in  Laino, einem kleinen Ort in der Lombardei, geboren. Er entstammte einer Künstlerfamilie, zu der auch seine drei älteren Brüder Paolo, Riccardo und Livio gehörten. Ihr Onkel Donato Giuseppe Frisoni, ebenfalls Stukkateur und Baumeister, 1714 von Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg mit dem Bau des Ludwigsburger Schlosses betraut, wusste   seine Neffen , aber auch weitere Mitglieder des lombardischen Familiennetzwerkes, bei dem Großprojekt einzubinden.

In Ludwigsburg erhielt Leopoldo Retti seine Architekturausbildung. Der Herzog schickte ihn vermutlich von 1724 bis 1726 zum Studium des französischen Rokoko nach Paris. Zurückgekehrt wurde der gerade 24-Jährige 1728 zum Herzoglich-Württembergischen Baudirektor und Ingenieurleutnant ernannt. Er übernahm die leitende Funktion beim Ausbau der neuen Stadt Ludwigsburg.

Rettis Fähigkeiten sprachen sich bis zur herzoglichen Verwandtschaft in Ansbach (damals noch Onolzbach) herum – die Mutter des später als „Wilder Markgraf“ bekannten Carl Wilhelm Friedrich stammte aus dem Haus Württemberg. 1731 ließ sich Retti vom Markgrafen abwerben und zog im Range eines Ingenieur-Capitains in die fränkische Residenz, wo er 20 Jahre lang bleiben sollte. Bereits ein Jahr später wurde er Nachfolger des damaligen markgräflichen Hofbaudirektors Carl Friedrich von Zocha.

Nach und nach holte er weitere verwandte Künstler nach Ansbach nach, wie etwa die Stukkateure Diego und Carlo Carlone, den Marmorierer Ciacomo Antonio Corbellini oder den Bildhauer Antonio Sylva. 1733 heiratete er seine Frau Anna Clara Darny, mit der er die nächsten zehn Jahre am Schlosstor wohnte.

In diesen Jahren entstand eine Reihe von Gebäuden, die das Gesicht Ansbachs bis heute prägen: das Herrieder Tor, der Umbau des Ansbacher Schlosses im französischen Stil und von St. Gumbertus zur Hofkirche, der Bau der Synagoge und die Gestaltung ganzer Straßenzüge, vor allem entlang des Johann-Sebastian-Bach-Platzes,  in der so genannten Neuen Auslage rund um den Karlsplatz und des Hofgartens. Hinzu kommen zahlreiche Bauten außerhalb der Stadt, wie etwa das Dennenloher Schloss, die Vorstadt von Roth sowie viele Kirchen, Pfarrhäuser und Schulen.

Als sich seine weiteren städtebaulichen Pläne wegen fehlender finanzieller Mittel im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges nicht mehr nach seinen Vorstellungen umsetzen ließen, ging der Architekt 1746 zuerst zeitweilig, drei Jahre später dann für immer nach Stuttgart. Dort widmete er sich als herzoglich-württembergischer Oberstleutnant und Oberbaudirektor bis zu seinem Tod 1751 vor allem dem Bau des Neuen Schlosses.

Beigesetzt wird Retti ausserhalb des protestantischen Stuttgart auf dem ausgelassenen katholischen Friedhofs in Oeffingen (heute Stadt Fellbach). Die Inschrift auf dem das Grab krönenden Obelisken lautet:

"Die Bekrönung, nicht den Schlußpunkt hat dem neuen Stuttgarter Herzogsschloß aufgesetzt, der, wie wir hoffen, zur Himmelskrone berufene und am 18. September 1751 im 47. Lebensjahr unter diesem Stein bestattete Herr Leopoldus Retty, des durchlauchtigsten Herzogs von Württemberg und des durchlauchtigsten Markgrafen von Ansbach Hofbaumeister sowie Oberst der Artillerie des ruhmreichen Fränkischen Kreises, für dessen Seele man innig beten möge."

Hauptwerke

In den Jahren 1731 bis zu seinem Tod zeichnet Retti für zahlreiche herrschaftliche, kirchliche und bürgerliche Bauten, darüber hinaus für städteplanerische Entwürfe in Ansbach und Schwabach verantwortlich. (Eine ausführliche Darstellung findet sich auf der Website der Retti-Gedenkausstellung des Bezirks Mittelfranken, 2011)

Zu seinen bedeutsamen Bauten zählen:
- Residenz Ansbach
- Schloss Dennenlohe
- Hofkirche in Weidenbach
- Pfarrkirche, Sommerhausen
- St. Gumbertus, Ansbach
- Sommerresidenz Triesdorf
- Pfarrkirche, Wassertrüdingen
- Pfarrkirche, Sondernohe
- Hofkirche, Unterschwaningen
- Markgräfinnenschloss Unterschwaningen
- Gymnasium Carolinum, Ansbach
- Münzgebäude, Schwabach
- Synagoge, Ansbach
- Weinbergpavillon, Ansbach
- Stadtpalais (sog. Retti-Palais)
- Neues Schloss, Stuttgart
- Schloss Karlsruhe

 

Das Palais
1743 beschenkte der Markgraf Carl Wilhelm Friedrich seinen Hofarchitekten mit einem Bauplatz in der Jägergasse, der heutigen Bischof-Meiser-Straße, auf dem Retti in der Folge den nach ihm benannten Stadtpalast baute, das „zur Zierde“ der Straße gereichen sollte, wie der Markgraf ausdrücklich festhielt.

Das Grundstück lag neben dem Haus eines hohen Beamten (Nr. 7) und dem markgräflichen Jagd-Sekretariat (heute Hochbauamt). Auf dem Grundstück befand sich die Hofschreinerei, von der sich die Rückgebäude (an den Hofgarten angrenzend) bis 1825 erhalten haben. 1861 wurde an der Südfassade ein neues Treppenhaus in Holzfachwerkkonstruktion errichtet. Ein älterer rückwärtiger Gebäudeteil im Südosten des Hauptauses, zur ehemaligen Schreinerei gehörend, wurde erst 2005 abgerissen.

Bautechnisch ist es ein zweigeschossiger Walmdachbau mit dreiachsigem Mittelrisalit und Zwerchhaus. Es besitzt rustizierte Lisenen, eine Putzgliederung und Stuckornamentik an einigen Wänden und Decken. Das Treppenhaus und ein großer Saal in der Beletage sind in fast originalem Zustand erhalten. Die Hauptnutzfläche des Gebäudes beträgt 587,80 qm, hinzu kommen 154,80 qm Nebennutzfläche und 225,20 qm Verkehrsfläche wie Treppen und Flure. Weitere 61,50 qm entfallen auf die Nebennutzräume unter 1,5 m Höhe. Das Haus besteht aus dem Keller, dem Erdgeschoss, dem 1. Obergeschoss sowie dem 1. und 2. Dachgeschoss.

In sein Palais, das 1749 fertiggestellt wurde, zog Retti gar nicht mehr ein, sondern verkaufte das Anwesen an die Stadt Ansbach. Das Palais wurde zum Obervogteiamt und damit Sitz des Obervogts und Geheimen Minister Christoph Ludwig Freiherr von Seckendorff-Aberdar. 1757 übernahm Friedrich Carl von Falkenhausen das Anwesen, das er 1760 von der Stadt erwarb. Seiner Ehe mit den Freiinnen Caroline von Beust und nach deren Tod 1767 mit Florentine von Beust entsprangen elf Kinder, die in diesem Haus aufwuchsen. Nach seinem Tod wurde das Haus durch Erbteilungsverfahren verschieden genutzt: Während im oberen Geschoß die Witwe lebenslanges Wohnrecht genoss, wurde der untere Teil vermietet. Entgegen der Bestimmungen von 1749, dass das Haus in städtischem Besitz verbleiben und als Obervogtei genutzt werden sollte, wurde es 1760 an Friedrich Carl von Falkenhausen überschrieben.

Der Oberforstmeister Albrecht Freiherr von Schirnding, der in die Familie der von Falkenhausen eingeheiratet hatte, erwarb von dieser das Haus 1825. Vierundzwanzig Jahre später übergab von Schirnding das Haus an seinen Sohn Friedrich Karl August, dem Revierförster von Stauf. 1852 verkaufte dieser das Palais an den Gendarmarie-Hauptmann Freiherr von Waldenfels.
1891, nach dem Tod des Barons von Waldenfels verkaufte die Erbengemeinschaft das Anwesen an den Strohmosaikverkäufer Wilhelm Wagenhöfer. Im historischen Adressbuch von 1894 wird er als Mitarbeiter der Firma Friedrich Ebert (Strohmosaik- u. Kartonagenfabrikant), 1921 als Hauptkassierer der Ausstattungsanstalt Ansbach geführt. Bis etwa 1909 waren zudem noch immer Garnisonsmitglieder im Palais wohnhaft, etwa der Sekondeleutnant Freiherr Julius Ludwig Gustav von Eyb, der Rittmeister und Eskadronschef Theodor Konitzky, sowie der Leutnant und Regimentsadjudant Freiherr Philipp von Seefried auf Buttenheim, dem späteren Kommandeur des 8. Kavallerieverbands der bayerischen Armee. 1935 wird dort u.a. der spätere Wehrmachtskommandant von Kulmbach, Leutnant Kurt Myrus im ersten Stock aufgeführt. In dieser Zeit werden Haus und Nebengebäude insgesamt von zwölf Parteien bewohnt.

Das Adressbuch von 1910 weist im Erdgeschoss des Haupthauses die Praxis von Dr. Adam Alexander Krampf aus, während sich den ersten Stock der Landgerichtsrat Heinrich Kadner, mit seiner Frau und seiner verwitweten Schwester (?) Rosa und der Zollamtmannswitwe Sofie Schmitt teilte. Die mittlerweile ebenfalls verwitwete Lina Wagenhöfer wohnte im Hinterhaus neben der Lehrerstochter Auguste Graf. Auch der oberste Stock wurde in dieser und der folgenden Zeit von Einzelpersonen bewohnt.

Nach dem Tod der Wagenhöfer-Witwe ging das Anwesen an die Tochter Marie, die den praktischen Arzt Dr. Adam Krampf geheiratet hatte. Dieser hatte im Ersten Weltkrieg als Stabsarzt gedient, und praktizierte im Palais. Nach seinem Tod 1951 übernahm die Tochter, Dr. Elisabeth Krampf die Praxis, die diese bis 1999 weiter führte. Das Anwesen blieb bis zum Jahr 2002 im Besitz der Erbengemeinschaft Wagenhöfer-Krampf.

Die Stadt, die das Anwesen 2001 erwarb, konnte für das Haus kein Nutzungs- und Sanierungskonzept entwickeln. Der Zustand des Gebäudes, das sich in seiner Grundsubstanz in originalem Zustand befindet, hat sich im Laufe der vergangenen Jahre dramatisch verschlechtert. Mit der Ausstellung "Zeitenwende" wurde 2014 der Öffentlichkeit erstmals der Zugang zum Gebäude für mehrere Monate gewährt.

Ein privater Kunstsammler kam 2016 auf den Förderverein zu, um gemeinsam ein Nutzungs- und Betriebskonzept für Nutzung als Museum zu entwickeln. Im Folgejahr veräußerte die Stadt das Anwesen an den Privatmann, und seit dem Frühjahr 2018 wird das Haus saniert.

Der Förderverein wird den Betrieb des Museums übernehmen.

Die Eröffnung des Museums Retti-Palais wird voraussichtlich im Sommer 2023 gefeiert werden können.

Literatur:
Förderverein Retti e.V., hrsg. v. [Christian Schoen], Alexander Biernoth u. Christian Eichinger: Leopoldo Retti und sein Ansbacher Rokoko-Palais im Wandel der Zeit, Ansbach 2018 ISBN 978-3-9818007-1-5

Förderverein Retti e.V. (Hg.): Der Hofbaumeister Leopoldo Retti und sein Ansbacher Stadtpalast, Ansbach 2016, ISBN 9783981800708